Fotos aus dem Vogelhäuschen

Wir Menschen neigen dazu, besondere Momente und uns wichtige Personen auf digitale Sensoren einzubrennen.
Die entstandenen Abbilder verewigen wir dann auf Papier und quetschen sie in den Geldbeutel, bohren sie mit Reisnägeln in unsere Pinnwand, pressen sie mithilfe von Magneten an den Kühlschrank oder pferchen sie in Fotoalben auf engstem Raum zusammen.
Sehr liebevoll.

Ein Eheversprechen ist ein solch emotionaler Moment, der diesen Prozess bei Brautpaar wie Gästen mehrmals ins Rollen bringt.

Klassische Hochzeitsgästebücher sind bekannt. Meistens braucht man dazu nur jemand, der die Leute fotografiert, während sie sich einen Bilderrahmen vors Gesicht halten.

Da haben wir das Problem.

Dieser jemand.

Leute fühlen sich automatisch beobachtet und beurteilt, sobald sie vor eine Kamera treten, hinter der jemand steht. Zum Glück erst dann.

Nicht auszumalen wie sich Menschen verhalten würden, wenn sie sich von jeder Überwachungskamera beobachtet fühlen würden.

Klingt gemein und ist zeitgleich die Lösung, um authentische Fotos für Gästebücher zu erstellen.

Jeder kennt sie, die Gruppenaufnahmen aus dem Passfotoautomat.  Zusammengequetscht sitzen Menschen in einer Box, lassen sich von vorne platt blitzen und nachher sind sämtliche Körperteile abgeschnitten. Trotzdem sind es genau diese unbeobachteten Fotos, die oft höchste emotionale Bedeutung haben.

Ein Passfotoautomat passt nicht in einen Kleinwagen, also ist ein Kompromiss nötig: die Fotobox.

Gut, muss man das Ding nur noch entwerfen, zusägen und zusammenschreinern. Aufgrund meiner zwei linken Hände tritt hier ein individuelles Problem auf.

Zum Glück sind wir Menschen soziale Wesen und sind grundsätzlich verschieden.

Anders gesagt: Danke Josua! Ohne dich hätte ich niemals einen so schicken Nistkasten für Kamera und Tablet hinbekommen.

Jetzt lugt aus dieser hübschen Holzkiste eine Kamera und lässt sich via Fingerdruck aufs Tablet auch noch auslösen. Diese selbsterklärende Konstruktion lockt seit kurzem sämtliche Hochzeitsgäste vor die Kamera, hinter der keiner steht.

Dass neben der Fotobox eine Meute an Menschen steht, die die Fotografierten genau beobachtet, hält niemand davon ab sich völlig ausgelassen zu verhalten.

Manchmal geben wir Menschen wirklich Rätsel auf.

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